Die Begeisterung für die Musik ist bei Benny Andersson und Björn Ulvaeus noch immer groß. "Noch größer", betont der 74-jährige Benny. "Ja, das geht niemals weg", schwärmt sein langjähriger, zwei Jahre älterer Bandkollege Björn. Wie sehr es das kongeniale Songwriter- und Produzentenduo freut, mit Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad wieder als Abba Musik zu machen, ist nicht zu übersehen. Auch bei den vielen Fans rund um den Globus sorgte die Aussicht, dass sie Klassiker wie "Dancing Queen", "Mamma Mia" oder "Super Trouper" bald wieder live hören können, für Begeisterung.
Seit der Auflösung der legendären Band hatten Abba ein Comeback immer wieder ausgeschlossen. Mit der Nachricht von der Reunion sorgten die Schweden am Donnerstagabend für einen echten Paukenschlag in der Musikwelt. "Es gibt eine neue Tour und ein Album – nach 40 Jahren", sagte Björn bei einem Presseevent vor rund 50 geladenen Gästen in London – und wirkte dabei fast selbst etwas erstaunt. Doch es stimmt. Erstmals seit der Trennung der Band 1982 erscheint am 5. November ein Album mit zehn neuen Abba-Songs: "Voyage".
"Ich finde, es ist ziemlich gut", sagt Benny selbstbewusst. "Wir haben es so gut gemacht, wie wir das in unserem Alter können." Zwei Lieder, "I Still Have Faith In You" und "Don't Shut Me Down", sind ab sofort erhältlich. Die Stimmen von der 71-jährigen Agnetha Fältskog und ihrer vier Jahre älteren Kollegin Anni-Frid Lyngstad klingen etwas tiefer als früher, doch der typische Abba-Sound mit den kräftigen Harmonien und Melodien zum Mitsingen ist unverkennbar.
Ursprünglich hatte die Band gar kein Album geplant. "Erst haben wir einen Song gemacht, dann mehrere. Dann haben wir gesagt: Warum machen wir nicht ein ganzes Album?", erzählt Benny strahlend. An der Arbeit mit ihren beiden Ex-Frauen, die nach der Scheidung enge Freundinnen geblieben sind, hatten offenkundig alle ihren Spaß. "Es war so schön, wieder gemeinsam im Studio zu sein", schwärmt er. Fans dürfen sich obendrein auf ein Weihnachtslied von Abba freuen.
Die mutigeren Pop-Songs sind nicht die Balladen, sondern die „Dance Songs“. Alles, was in der Popmusik mit schnelleren Rhythmen zu tun hat, klopfen wir mehr oder weniger bewusst darauf ab, ob es jetzig klingt, altmodisch oder wegweisend. In dieser Hinsicht machen Abba mit „Don’t Shut Me Down“ nichts verkehrt. Vielleicht auch deshalb, weil die Band diesen Sound kreiert, er nicht, obwohl es möglich gewesen wäre, aus dem Computer stammt: wabernder Götterspeise-Bass und Disco-Schlagzeug. Retro-Futurismus. Dazu ein leicht schiefes „I Do I Do I Do“-Hangover-Saxofon. Das Abba-Feeling. Euphorisch sein, und dennoch leicht betrübt, weil irgendwas nicht stimmen kann, man den eigenen Gefühlen misstraut.
Gestrig waren Abba nie, obwohl sich die Popmusik in den 1970er-Jahren wandelte wie nie zuvor. Mit „Dancing Queen“ standen Abba 1976 im Zentrum des Disco, mit „Voulez-Vous“ wollten sie drei Jahre später unbedingt das letzte Wort haben – dennoch einer der gewaltigsten Beiträge des Genres.
Alle vier Abba-Musiker haben nun die 70 überschritten. „I Still Have Faith In You“ ist eine solide, vertrauenserweckende Nummer. Aber meine Abba sind die des leisen Zweifels, und sie nehmen doch im Alter nicht ab. „I Still Have Faith In You“ ist für mich eher ein Song, der im Hintergrund einer Olympiade-Berichterstattung laufen könnte. Wenn es darum geht, Gewinner auszuleuchten.
Mit „Don’t Shut Me Down“ an die Öffentlichkeit zu gehen, nach 40 Jahren Pause, ist da umso gewagter. Agnetha sitzt im Regen auf einer Bank, denkt an Kinderlachen, das sie nie mehr hören wird und überlegt, ob die Beziehung zu ihrem Liebhaber eine Zukunft hat. Ein leer geräumtes Apartment droht. Das ist der große Stoff der Abba der frühen 1980er-Jahre, „The Day Before You Came“ und „Just Like That“. Ich hätte nichts dagegen, wenn die übrigen acht, noch unbekannten „Voyage“-Songs dieser Erzählung folgen.
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